Cartellverband akademischer Turnvereine: Unterschied zwischen den Versionen
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Um 1880 verfestigte sich das Selbstverständnis einiger ATV, als geschlossene Korporation anerkannt zu werden. Sie verdeutlichten dies durch die Annahme von Farben und das Fechten von Mensuren als Grundsätze. Leipzig machte dies offiziell am 05.12.1881, am 07.12.1882 folgte auch die Umbenennung in [[ATV Normannia Leipzig]].<ref name="VCS15">Vgl. [[Geschichte des Vertreter-Convents (VC), Verbands der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen 1872-1938]], S. 15.</ref> | Um 1880 verfestigte sich das Selbstverständnis einiger ATV, als geschlossene Korporation anerkannt zu werden. Sie verdeutlichten dies durch die Annahme von Farben und das Fechten von Mensuren als Grundsätze. Leipzig machte dies offiziell am 05.12.1881, am 07.12.1882 folgte auch die Umbenennung in [[ATV Normannia Leipzig]].<ref name="VCS15">Vgl. [[Geschichte des Vertreter-Convents (VC), Verbands der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen 1872-1938]], S. 15.</ref> | ||
Am 09.07.1881 beschloss der Kartelltag in Berlin, dass regelmäßige Kartellturnfeste abgehalten werden sollen, sodass am 29./30.05.1882 das erste Kartellturnfest in Sangershausen stattfand. Zum Zeitpunkt des ersten Turnfestes bestand der CV aus 12 ATV: [[ATV Berlin]], [[ATV Germania Bonn]], [[ATV Breslau]], [[ATV Göttingen]], [[ATV Greifswald]], [[ATV Halle]], [[ATV Teutonia Königsberg]], [[ATV Normannia Leipzig]], [[ATV Philippina Marburg]], [[ATV München]], [[ATV Alsato-Lotharingia Straßburg]] und [[ATV Würzburg]]. Die Leitung oblag der Vorsitzenden ATV Berlin. es konnte ca. 400 Festteilnehmer begrüßt werden, darunter Prof. [[Carl Euler]] (Leiter der [[Preußische Zentral-Turnanstalt]] in Berlin), [[Gunnal Fessel]] (Universitätsturnlehrer und [[EM]] des [[ATV Saxo-Thuringia Halle]]) und [[Arnold Eulert]] (EM des [[ATV Cheruscia Göttingen]].<ref name="VCS15"/> | Am 09.07.1881 beschloss der Kartelltag in Berlin, dass regelmäßige Kartellturnfeste abgehalten werden sollen, sodass am 29./30.05.1882 das erste Kartellturnfest in Sangershausen stattfand. Zum Zeitpunkt des ersten Turnfestes bestand der CV aus 12 ATV: [[ATV Berlin]], [[ATV Germania Bonn]], [[ATV Breslau]], [[ATV Göttingen]], [[ATV Greifswald]], [[ATV Halle]], [[ATV Teutonia Königsberg]], [[ATV Normannia Leipzig]], [[ATV Philippina Marburg]], [[ATV München]], [[ATV Alsato-Lotharingia Straßburg]] und [[ATV Würzburg]]. Die Leitung oblag der Vorsitzenden ATV Berlin. es konnte ca. 400 Festteilnehmer begrüßt werden, darunter Prof. [[Carl Euler]] (Leiter der [[Preußische Zentral-Turnanstalt]] in Berlin), [[Gunnal Fessel]] (Universitätsturnlehrer und [[EM]] des [[ATV Saxo-Thuringia Halle]]) und [[Arnold Eulert]] (EM des [[ATV Cheruscia Göttingen]]. Gezeigt wurden Freiübungen, Riegen- und Wetturnen und "zum ersten Male überhaupt" Turnspiele durch die ATV Berlin, Breslau und Greifswald "auf dem Ratsfeld im Kyffhäuser-Gebirge".<ref name="VCS15"/> | ||
Das Turnfest fand parallel zum Kartelltag statt, an dem das Verbot der [[Bestimmungsmensur]] beschlossen wurde, jedoch wurde dies in Leipzig, Marburg, Bonn und Halle nicht befolgt.<ref name="VCS15"/> | Das Turnfest fand parallel zum Kartelltag statt, an dem das Verbot der [[Bestimmungsmensur]] beschlossen wurde, jedoch wurde dies in Leipzig, Marburg, Bonn und Halle nicht befolgt.<ref name="VCS15"/> Außerdem ... | ||
Prof. Euler berichtete dem preußischen Kultusminister [[Gustav von Goßler]] ([[Alter Herr]] des [[Corps Saxo-Borussia Heidelberg]]) vom Turnfest, woraufhin dieser seit dem 27.10.1882 seine "denkwürdigen Turnspiel-Erlasse" ausgab.<ref name="VCS16">Vgl. [[Geschichte des Vertreter-Convents (VC), Verbands der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen 1872-1938]], S. 16.</ref> | |||
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Version vom 2. März 2025, 20:09 Uhr
Der Cartellverband akademischer Turnvereine (CV) war der Zusammenschluss der Akademischen Turnvereine (ATV) von 1872 bis 1883. Der CV wurde 1883 in Vertreter-Convent der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen (VC) umbenannt.
Geschichte
Der CV wurde am 04.08.1872 im Rahmen des 4. Deutschen Turnfest in Bonn von 5 Vertretern der ATV Berlin, 5 der ATV Graz und 2 der ATV Leipzig gegründet.[1] Diese Zusammenkunft gilt als 1. Kartelltag des CV. Den Vorsitz hatte Dr. Hermann/Berlin und der Schriftwart war Müller/Leipzig.[2]
ATV Berlin | ATV Graz | ATV Leipzig |
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Am ersten Tag wurden die vorab verschickten Statuten angenommen. Um 12 Uhr erfolgte ein Festzug und abends fand im Gasthaus Kölner Hof (Bonn) eine zwanglose Kneipe statt.[2]
Am 05.08.1872 wurde der Kartelltag fortgeführt und es wurde die Geschäftsordnung beraten, wobei u.a. bei der Entscheidung zum Stimmenverhältnis erste Diskrepanzen zwischen dem "kleinen" ATV Leipzig und den großen "ATV Berlin" und "ATV Graz" hervortraten.[2]
Von Beginn an hatte der CV sowohl intern die unterschiedlichen Sichtweisen auf das akademische Turnwesen auszubalancieren als auch externe Störfeuer der Deutschen Turnerschaft (DT), welche die akademischen Turnvereine gerne wieder in die DT integriert hätte, sowie die etablierten Korporationen, welche die schwarzen Turnvereine nicht ernst nahm, abzuwehren.
Am 07.12.1873 fand der 2. Verbandstag statt. Es wurde der ATV Göttingen aufgenommen und die Gründung weiterer ATV diskutiert. Zusätzlich wurde eine Kartellkasse gegründet, in die jedes Mitglied 2,5 Silbergroschen pro Monat einzahlen musste. ATV Berlin zum Vorort gewählt.[2]
1874 trat der ATV Greifswald bei. 1875 folgten ATV Halle, ATV Breslau und ATV Königsberg. Mit dem Beitritt des ATV Germania Bonn trat der erste ATV mit Namen und Farben bei.[3]
1877, angewachsen auf 9 Mitgliedsvereine, traten die Spannungen deutlicher hervor. Der erste große Diskussionspunkt war die Umwandlung von "losen Vereinen" zu "geschlossenen Verbindungen", wogegen vorrangig der ATV Graz Einspruch erhob. Die Einführung des Maturitätsprinzips provozierte die zweite Auseinandersetzung, bei der vor allem die ATV Berlin, ATV Graz und der 1879 beigetretene ATV München, die allesamt auch "Techniker" in ihren Reihen hatten, ihr Missfallen ausdrückten.[3]
Ebenfalls 1877 bat Dr. Ferdinand Goetz, 1. Vorsitzender der DT, den CV erneut um Übertritt zur DT. Eine endgültige Absage der CV erfolgte erst 1927.[3]
Am 28.05.1879 fand ein a.o. Kartelltag statt, an dem u.a. beschlossen wurde, dass der Ausschluss aus einem ATV automatisch den Ausschluss bei allen anderen zur Folge hat.[3]
Am 03.08.1879 wurden die Kartellstatuten auf dem Kartelltag in Leipzig geändert. In Folge dessen erklärt der ATV Graz am 11.11.1879 seinen Austritt, da die neuen Statuten nicht mit dessen eigenen Statuten in Einklang stünden.[3] Auf diesem kartelltag wurde seitens der ATV Königsberg für die Einführung von akademischen Turnlehrern plädiert.[3]
Im Dezember 1880 trat die ATV Philippina Marburg bei, 1881 folgten die ATV Würzburg und ATV Alsato-Lotharingia Straßburg.[3]
Um 1880 verfestigte sich das Selbstverständnis einiger ATV, als geschlossene Korporation anerkannt zu werden. Sie verdeutlichten dies durch die Annahme von Farben und das Fechten von Mensuren als Grundsätze. Leipzig machte dies offiziell am 05.12.1881, am 07.12.1882 folgte auch die Umbenennung in ATV Normannia Leipzig.[4]
Am 09.07.1881 beschloss der Kartelltag in Berlin, dass regelmäßige Kartellturnfeste abgehalten werden sollen, sodass am 29./30.05.1882 das erste Kartellturnfest in Sangershausen stattfand. Zum Zeitpunkt des ersten Turnfestes bestand der CV aus 12 ATV: ATV Berlin, ATV Germania Bonn, ATV Breslau, ATV Göttingen, ATV Greifswald, ATV Halle, ATV Teutonia Königsberg, ATV Normannia Leipzig, ATV Philippina Marburg, ATV München, ATV Alsato-Lotharingia Straßburg und ATV Würzburg. Die Leitung oblag der Vorsitzenden ATV Berlin. es konnte ca. 400 Festteilnehmer begrüßt werden, darunter Prof. Carl Euler (Leiter der Preußische Zentral-Turnanstalt in Berlin), Gunnal Fessel (Universitätsturnlehrer und EM des ATV Saxo-Thuringia Halle) und Arnold Eulert (EM des ATV Cheruscia Göttingen. Gezeigt wurden Freiübungen, Riegen- und Wetturnen und "zum ersten Male überhaupt" Turnspiele durch die ATV Berlin, Breslau und Greifswald "auf dem Ratsfeld im Kyffhäuser-Gebirge".[4] Das Turnfest fand parallel zum Kartelltag statt, an dem das Verbot der Bestimmungsmensur beschlossen wurde, jedoch wurde dies in Leipzig, Marburg, Bonn und Halle nicht befolgt.[4] Außerdem ...
Prof. Euler berichtete dem preußischen Kultusminister Gustav von Goßler (Alter Herr des Corps Saxo-Borussia Heidelberg) vom Turnfest, woraufhin dieser seit dem 27.10.1882 seine "denkwürdigen Turnspiel-Erlasse" ausgab.[5]
Am 10.01.1883 trat der ATV München aus, weil der ATV Aachen nicht aufgenommen wurde. Daraufhin traten 8 Mitglieder aus und gründeten den farbentragenden ATV Munichia München.[3]
Statistiken
Mitglieder
Vorsitzende
- 1872-1882: ATV Berlin[3]
Literatur und Quellen
Literatur
Quellen
- Tagungsprotokoll des 4. Deutschen Turnfestes (Sporthochschule Köln) Infos zur Ausleihe
- Stahlstich Zur Erinnerung an das 4te. allgemeine deutsche Turnfest zu Bonn, 4.5.6. Aug. 1872.[6]
Endnoten
- ↑ laut Geschichte des Vertreter-Convents (VC), Verbands der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen 1872-1938 nahm am "anschließenden" akademischen Turnertag auch der ATV Münster teil, dieser war jedoch kein Gründungsmitglied. Wann und wo dieser "akademische Turnertag" stattgefunden hat, ist noch unklar.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Vgl. Geschichte des Vertreter-Convents (VC), Verbands der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen 1872-1938, S. 13.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 3,8 Vgl. Geschichte des Vertreter-Convents (VC), Verbands der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen 1872-1938, S. 14.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Vgl. Geschichte des Vertreter-Convents (VC), Verbands der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen 1872-1938, S. 15.
- ↑ Vgl. Geschichte des Vertreter-Convents (VC), Verbands der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen 1872-1938, S. 16.
- ↑ Stahlstich-Aquatinta v. Fr. Fraenkel in Nürnberg b. Fr. Schemm in Nürnberg, dat. 1872, 27 x 31,5 Souvenirblatt mit zahlreichen Ansichten. - Mittig die Turngruppen beim Einzug mit ihren Flaggen umgeben von einer Gesamtansicht von Bonn über den Rhein, Ernst M. Arndt Denkmal, Münsterkirche, Universität, chemisches Institut, Sternwarte, landwirtschaftliche Akademie in Poppelsdorf und Denkmal von Ludwig von Beethoven. - In der Bordüre Porträts von Guthsmuth dem Gründer des Turnunterrichts zu Schnepfenthal und vom Turnvater Jahn. - Seltenes Blatt! Antiquariat Norbert Haas